Beim Espresso handelt es sich um einen speziellen Kaffee, dessen Qualität nicht von der Bohnensorte, sondern von der Zubereitungsart abhängt. Die Mailänder erfanden um 1900 die Methode, bei der das heiße Wasser mit einem Druck von über einem Bar durch das fein gemahlene Kaffeemehl gepresst wird. Die Bohnen müssen dunkel geröstet sein, damit echter Espresso entsteht. Der Druck kommt allein durch einen Ventileffekt zustande, wenn das Wasser im unteren Bereich der typischen kleinen Espressokocher verdampft, dann nach oben durch das schmale Rohr steigt und dort ausventiliert - das bedarf eines Druckes von über einer Atmosphäre, die physikalisch als Hochdruck definiert ist. Im oberen Teil trifft das heiße Wasser-Dampf-Gemisch auf das Kaffeepulver und erzeugt auf diese Weise das besondere Aroma. Moderne Kaffeemaschinen wie die von Siemens arbeiten damit.
Kaffee mit besonderer Konsistenz
Das entstehende Kaffeegetränk ist konzentrierter, wenn auch nicht 'dicker' als herkömmlicher Filterkaffee, vielmehr kommen andere Inhaltsstoffe und Aromen besser zur Geltung. Oben trägt ein jeder Espresso eine Crema, die haselnussbraune, dichte Schicht. Er ist übrigens von vornherein nicht stärker als andere Zubereitungsarten. Im Gegenteil: Die starke Röstung hat das Koffein leicht reduziert. Das gleicht sich freilich durch die andere Kaffeepulver-Wasser-Mischung aus, das Verhältnis zum Filterkaffee beträgt 1:5. Zum Servieren verwendet man vorgewärmte, kleine und dickwandige Tassen mit einer Füllmenge bis ca. 40 ml. Manche Genießer trinken ihren Espresso süß, andere wiederum ungesüßt, Milch oder Sahne sind jedoch verpönt. Dazu servieren Italiener und Portugiesen beispielsweise obligatorisch ein Glas Wasser, was auf der lange (bis ins 21. Jahrhundert) verbreiteten Legende beruht, starke Kaffeegetränke würden dem Körper Wasser entziehen. Das ist inzwischen widerlegt, Menschen können auch Kaffeevariationen und nichts sonst trinken, ohne Schaden zu nehmen. Das beste Beispiel hierfür liefert Agent Gibbs aus der Serie NCIS, der sich vom braunen Genussmittel ernährt.
Espresso als wichtigster Kaffee in Südeuropa
In Ländern wie Italien, Portugal und Spanien ist Espresso das absolut dominierende Kaffeegetränk. Die Sorten Cappuccino und Latte Macchiato stammen ohnehin nicht aus Italien, vielmehr wurden sie von italienischen Baristas in Deutschland erfunden. Die Kaffeespezialisten siedelten sich ab den 1950er Jahren hierzulande an und stellten fest, dass Deutsche eine Milchkaffeemischung bevorzugen (die Franzosen noch viel mehr), also kreierten sie flugs die heute so beliebten Sorten und reimportierten sie auch nach Italien. Urlaubern im Süden wird indes auffallen, dass am Mittelmeer vorwiegend Espresso serviert wird. Unseren deutschen Filterkaffee mit Milch kennt man in kleineren Orten gar nicht, Latte und Cappuccino gibt es eigentlich eher dort, wo viele Touristen auftauchen, die diese Getränke für traditionell italienisch halten. Auch etymologisch ist das nachzuvollziehen, denn in Portugal heißt Espresso schlicht 'café, auch in Frankreich wird bei der 'café'-Bestellung Espresso serviert, während das, was Deutsche gemeint haben, der große französische Mix aus Milch und Kaffee ist, in den die Franzosen morgens ihre Croissants tunken. Die Schweizer wiederum kennen den Espresso lungo, der vor allem in der italienischen Schweiz um Lugano weit verbreitet ist und einfach die doppelte bis dreifache Menge - so viel wie unser Kaffee - enthält.